Überlegungen zur Bürgerinitiative gegen den Verlust von Grünflächen im Badener Stadtgebiet

Dr. Rudolf Novak


 Grundsätzliches

 

Es ist wohl die Aufgabe eines jeden mündigen Bürgers einer demokratischen Gesellschaft, dass er Entwicklungen im öffentlichen Raum (und im öffentlichen Leben ganz allgemein) kritisch verfolgt und dazu Stellung nimmt. Das demokratische Recht der Mitsprache in öffentlichen Angelegenheiten sollte von allen Bürgern in Anspruch genommen werden, und nicht nur den Medien überlassen bleiben, die ihrerseits nur bedingt unabhängig sind. 

Was die Zukunft Badens anbelangt so stellt sich die Frage, ob wir eine Randzone im Umfeld der Großstadt werden wollen – die Urbanisierung schreitet auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung und des gesellschaftlichen Wandels unweigerlich fort - oder ob wir die historisch gewachsene Besonderheit der „Kurstadt" erhalten wollen. Sie ist auf Grund der warmen Schwefelquellen und der günstigen geographisch-klimatischen Lage vor allem eine Kurstadt für Rekonvaleszenten, die allerdings nur bedingt einen Wirtschaftsfaktor bedeuten. Sie könnte aber für alle Bewohner aus nah und fern eine „Wellnessstadt" sein, wo der gestresste, gehetzte, ermüdete, überreizte Mitbürger sich aus- und entspannen kann. Das bedingt aber ein entsprechendes grünes Erholungsumfeld (Luft, reduziertes Lebenstempo, nicht nur auf den Straßen), aufgelockerte Verbauung mit freie Sicht auf den Himmel, ohne wegen der großen Bauhöhe den Kopf nach oben verdrehen zu müssen. Freizeit-, Kultur-, Unterhaltungs- und Wellnessangebote sollten über einen Tagesausflug hinaus zum Verweilen anregen. Um das zu erreichen sind grundsätzliche Überlegungen für eine mittelfristige Stadtkonzeption notwendig, die über das momentane Ziel der Bürgerinitiative (Erhaltung von Grünräumen) hinausgeht.

 

Welches sind die Hauptpunkte unserer Kritik?

 

Es ist die Bauverdichtung auf Kosten innerstädtischen Grünraumes, die durch eine profitorientierte, schrankenlose Verbauung den kommenden Generationen keinen Handlungsspielraum mehr lässt. Dadurch kommt es in der weiteren Folge zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen bei gleichbleibend engen Straßen, zur Luftverschmutzung und einer Verstädterung, die Baden nicht mehr von anderen großstädtischen Ballungsräumen unterscheidet. Das bedeutet einen Verlust der charakteristischen „Wohlfühllandschaft", die nur in einer kleinen Stadt (nicht Kleinstadt!) gegeben ist.

 

Was sind die Ursachen für diese Entwicklung?

 

Es ist die Konzeptlosigkeit der derzeit politisch Verantwortlichen, mangelnder Wille (Fähigkeit?) eine den gegebenen Maßstäben angemessene Entwicklung zu planen, ein mangelnder Blick nach außen um sich Anregungen von anderswo zu holen (man muss nicht alles selbst erfinden). 

Es ist größte Bereitwilligkeit gegenüber den Verlockungen einer profitorientierten Baulobby festzustellen, es herrscht parteiische Engstirnigkeit. 

Obwohl die regierende Mehrheitspartei bereits zum dritten Mal einen Mandatsverlust erlitten hat, gibt es keine Reaktion des Bürgermeisters, um der Bevölkerung die Absichten und Pläne einer künftigen Stadtgestaltung darzustellen. Und innerhalb dieser Partei gibt es niemanden der dieser Lethargie und Fehlentwicklung entgegensteuert, da es sich nur um Ja-Sager handelt, die bei allfälligen Veränderungen um ihre Pfründen bangen.

Auch seitens der Bevölkerung/der Gesellschaft herrscht weitgehend Geleichgültigkeit („Da kann man halt nichts machen."), da durch den von der Konsumindustrie gesteuerten Zeittrend die Individualinteressen vor die Gemeininteressen gestellt werden. Das führt in der weiteren Folge zum Diktat von Konsum- und Finanzlobbies, die, wenn sie einmal durch verantwortungslose Politiker einen Freibrief (Genehmigungen) für ihre Absichten erhalten haben, ohne Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit bzw. der Mitbürger diese auch umsetzen. 

Die Kopf-/Konzeptlosigkeit der Badener Politiker ist beispielsweise auch darin zu erkennen, dass der Bürgermeister schweigt, der Baustadtrat auf Grund der Bürgerinitiative zwar fordert:"…dass gerade die für Badens Innenstadt so typischen Gärten und Grünräume erhalten bleiben sollen, und zwar auch dann, wenn sie als Bauland ausgewiesen sind." (baden.at., Die Stadtzeitung 06/2015, S. 29), der für eine Beschwichtigung der Initiatoren der Bürgerinitiative entsandte Kulturstadtrat (er war alleine, ohne behördliche Baufachleute anwesend) die Bauverdichtung im Kernbereich der Stadt aber mit dem Hinweis auf wirtschaftliche Vorteile verteidigt. Mit dieser Unterstützung von Wirtschaftsinteressen durch den Kulturstadtrat scheint dieser in Hinblick auf das von ihm angestrebte Bürgermeisteramt schon jetzt die Unterstützung des Wirtschaftsbundes seiner Partei sichern zu wollen. Also eine eindeutige Vermengung persönlicher Interessen und Ambitionen, ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl.

 

 Was erwartet die Bürgerinitiative?

 

Ein Aufrütteln der Bevölkerung zu höherer Sensibilität für Maßnahmen im öffentlichen Raum, um Druck auf die Politiker auszuüben. 

Ein Aufrütteln der Politiker, damit diese ihre Verantwortung für das Gemeinwesen besser wahrnehmen.

 

Was sollte geschehen?

 

Man sollte Überlegungen anstellten, was man mit dieser Stadt für die Zukunft will: 

Randzone der Großstadt Wien zu sein, Schlafstadt, Rekonvaleszentenstadt (damit die Heilquellen weiter genützt werden), o d e r

will man eine „Wohlfühlstadt/Wellnessstadt" jenseits einer von Hektik und Leistungsdruck erfüllten Gesellschaft sein, zum Nutzen der hier lebenden Bürger, aber auch jener, die von ferne zum Ausspannen und zur Erholung hierher kommen wollen, weil sie hier eine Umwelt und eine Lebensstruktur vorfinden, die in anderen städtischen Ballungsräumen verloren gegangen ist. 

Dafür wäre wohl die Schaffung eines Beratungsgremiums von Fachleuten der Urbanistik, des Städtebaues, der demographischen Entwicklung und der Gesellschaftsentwicklung nötig, das Vorschläge macht, wie diese Ziel erreicht werden könnte. 

Diese Vorschläge sollten im Rahmen einer breiten Bürgerbeteiligung - mit der Möglichkeit allf. Änderungen und Zusätze – diskutiert werden, worauf eine Entscheidung durch die gewählten Politiker zu treffen wäre.

 

Dr. Rudolf Novak